Ab dem 17. Jahrhundert beginnt die große Zeit des Barocks. Das erste, was jedem dazu einfällt, sind die prächtigen bis protzigen Bauwerke und Schlösser, die die Macht und Bedeutung des Besitzers repräsentieren sollten. Die Bezeichnung für diese Kunstepoche stammt aus dem Portugiesischen, dem Wort „barocco“, obwohl die Portugiesen am wenigsten mit dieser Kunstform anfangen konnten. Wörtlich übersetzt bedeutet es „schiefe Perle“. Inhaltlich steht der Begriff für eine Ablehnung der damaligen Kunstform.

Barock – Der Punk der Renaissance

Damit sich einem dazu überhaupt erst der Sinn erschließt, wenden wir unsere Aufmerksamkeit ab von den barocken Schlössern hin zu der barocken Literatur. Gleich ein Consesus-Modell ähnlich wie ein Bitcoin zeigt sich in den vorherrschenden Konsensus-Modellen der Literatur der revolutionäre Charakter dieser Kunstepoche. Er ist bei flüchtiger Betrachtung aus heutiger Sicht nicht sofort erkennbar. Denn diese Kunstform begegnet uns mit scheinbar geschlossenen Formen.

Die Dichtung des Barock

Adel, Bürgertum, Bauern: Jedem das Seine, das galt auch für den Sprachgebrauch. Angemessen im Standesdünkel war somit die würdevolle Ausdrucksweise, der melodische Sprachgebrauch und die einfache Wortwahl. Gedichte waren in dem starren Strophen-Korsett der Sonett-Form zu verfassen. Das Gedicht hatte aus vier Strophen zu bestehen. Von diesen vier Strophen hatten zwei aus drei Versen zu bestehen und zwei Strophen aus vier Versen. Ansonsten erfüllte es nicht die formalen Vorgaben eines Gedichts und war somit keine Kunst. Die Einhaltung der vorgegebenen Strukturen war ein Qualitätsmaßstab. Auch beim Inhalt springen bestimmte Konsensus-Modelle ins Auge. Auch hier ging es nicht darum, den Leser zu überraschen. Der Leser wollte sich in der Kunst wiederfinden. Er wünschte, einen gefühlsmäßigen Abgleich zu erfahren, dass so wie er auch andere gedacht und empfunden haben. Er wollte quasi über sich selbst lesen, was ihm passiert ist oder widerfahren könnte.

Zu den beliebtesten Themen des literarischen Barocks zählten Überlegungen zum Diesseits und Jenseits, Gedanken über die wahren Werte und den Schein. Es sind Themen, die über alle Epochen hinweg die Kunst bestimmt haben und weiter bestimmen werden. Variabel in den Epochen sind dabei jedoch die Grenzen der Intimität, des Individuums und der Stellenwert des Neuen, des Überraschenden, der in dieser Epoche gänzlich fehlt. Wenn auch eingepfercht in feste und starre Formen, so ist es doch die Zeit der großen Gefühle. Die künstlerischen Hauptthemen des Barocks sind:

  • Carpe Diem
  • Vanitas
  • Memento Mori

Zu den beliebtesten Themen des Barock zählte die Aufforderung und Lebensweisheit “Carpe Diem”, d.h. “Nutze den Tag“, was im adligen Kontext – und nur um diesen ging es – bedeutet: genieße den Tag, erfreue dich an ihm und feiere ihn. Keine Freude ohne Gegenspieler: Das Thema Nummer zwei war „Vanitas“, die Melancholie, ausgelöst durch Misserfolge oder die Erinnerung und Besinnung an die eigenen Vergänglichkeit, den Tod. Das letzte des Themen-Trios ist “Memento Mori”. Es suchte und fand Anschluss am das Vanitas-Thema und die „Carpe Diem“-Idee: Der Todesgedanke “Memento Mori” – Bedenke, dass du sterblich bist – mag den Leser zum Einen missmutig stimmen. Zum Anderen lädt er dazu ein, den Tag zu genießen und das Leben zu feiern.

Auch bei der Bildsprache galt es, sich in festgelegten Bedeutungen zu bewegen. Sie bestand zumeist aus sogenannten Emblemen. Sie setzten sich aus den Bestandteilen Überschrift, Bild und Erklärung zusammen. Die Überschrift bestand häufig aus einer Redewendung oder einem Sprichwort, das Bild aus einer Pflanze oder einem Tier. Die Erläuterung des Ganzen wurde dann in beschriebener Versform über den Rezipienten ergossen.